„Wir erstellen die Texte jetzt selbst mit KI“ – als Head of Content einer Online-Marketing-Agentur höre ich das inzwischen öfter. Mache ich mir deswegen Sorgen um meine Daseinsberechtigung im beruflichen Alltag? Eigentlich überhaupt nicht. Viel mehr Sorgen machen mir die Rankings dieser Kunden, die wir oft in mühevoller Detailarbeit erarbeitet haben. Jetzt verfasst der Kunde seinen Content selbst und ich komme nicht umhin, den Vergleich zu einem Sandkasten zu ziehen, in dem wir die letzten Jahre eine schöne Burg errichtet haben, die schon von Weitem sichtbar ist. Jedes Türmchen ist ein Ranking und wir haben das Förmchen dafür liebevoll mit dem passenden Inhalt befüllt. Jetzt schaufelt mein Kunde in dieser Sandbox selbst und hat starke Unterstützung mitgebracht: einen ausgewachsenen KI-Schaufelbagger hat man ihm verkauft, um richtig viel Sand zu bewegen. Sicher wird der Sandberg riesig. Es bleibt die Frage, ob er so bemerkenswert schön bleibt, wie vorher.
Jetzt aber mal die Analogie beiseite gepackt und das ganze mit SEO gefüllt: Fakt ist, ChatGPT bereichert als unglaublich kluges Tool unsere Branche und diesbezüglich sollte es auch keine zwei Meinung geben. ChatGPT schreibt nicht so schön, wie ein Mensch es könnte, trotzdem sind die Texte mit dem passenden Prompt flüssig lesbar und durchdacht. ChatGPT kann dabei unterstützen, Inhalte zu konzipieren und nimmt SEOs und Contentern einiges an Fleißarbeit ab. Aber irgendwie auch nicht das, worauf es wirklich ankommt.
Was ChatGPT bislang nicht hat, ist ein strategischer Überblick über alle Seiten. Und Kunden, die diesen nicht selbst haben, können mit neuen Texten, die die KI erstellt, nicht nur etwas zu gewinnen, sondern auch viel verlieren. Vor allem Onlineshops mit thematisch dicht an dicht gedrängten Keywords bergen eine große Gefahr. Wer nicht alle Hauptkeywords koordiniert und in einem Mapping für sich selbst einen Überblick schafft, kann ab einer gewissen Anzahl an Kategorien gar nicht mehr nachvollziehen, welches Keyword, wo aufgegriffen wurde. Wer nicht gliedert, fliegt. Das Hauptproblem ist dann, dass sich Seiten gegenseitig Konkurrenz machen. Man kann das Kannibalisierung nennen, ich persönlich nenn das einen riesigen Haufen
…Sand.
Was gar nicht schön daran ist: Man merkt erst nach Wochen Arbeit und unzähligen Texten, was man da KI-driven verbrochen hat. Denn es handelt sich gewissermaßen um eine schleichende Krankheit: Erst verschwinden wenige Longtails auf den SERPS. Das fällt dem Besitzer der Webseite aber natürlich nicht auf, denn professionelle Suchmaschinenoptimierung spart man sich dank ChatGPT inzwischen. Dann schwinden die ersten Money-Keywords. Ob Google wohl ein größeres Update ausrollt? Zuletzt verliert man viele Platzierung, viel Traffic und Umsatz und bleibt dabei ratlos. Einige unsere Kunden haben Do-it-yourself-SEO inzwischen wieder aufgegeben und schätzen nun umso mehr, was wir, gemeinsam mit unseren KI-Tools, für Sie tun.
Zuletzt dürfen wir mit viel Liebe und dem kleinen Sandelschäufelchen wieder den großen Haufen Sand abtragen, formen und ausbauen, der da nun liegt. Damit am Schluss doch alles wieder schön wird. Das kostet offen gesprochen aber nicht nur uns ziemlich viel Mühe, sondern auch den Kunden ziemlich viel Geld. Dabei hätte der große Schaufelbagger in den richtigen Händen gleich am Anfang so hilfreich sein können.
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